Wenn etwas bewährt ist darf es auch wiederholt werden. So trafen wir uns vom 31.3.-2.4.2017 zum CT 2017 wieder im Hotel „Die Krone“ in Schwäbisch Hall

Ein sehr familiär geführtes Haus, das uns schon in 2011 einen angenehmen Rahmen für das CT zum 20jährigen Jubiläum des Vereins geboten hat. Weil die Teilnehmerzahl jedoch inzwischen auf ca. 270 angestiegen war konnte es gar nicht mehr alle aufnehmen, aber für die Familien mit Kindern war, in der nahegelegenen Jugendherberge alles gerichtet. Tagsüber konnten sich die Kinder auch auf dem weitläufigen Außengelände des Hotels zu ungezwungenen Spielen treffen, wenn sie nicht gerade im Rahmen der Kinder- und Jugend-Workshops beschäftigt waren.

Freitag:

Für Jung und Alt, die schon zum Vorabend angereist waren gab es bei einem Begrüßungsgetränk, dem anschließenden Vesperbuffet und danach noch den ganzen Abend lang reichlich Gelegenheit zu ausführlichen Gesprächen. Das tat nicht nur denen gut, die sich schon länger kannten, sondern besonders den vielen neuen Teilnehmern. Wie oft haben wir die Erfahrung gemacht, dass das Kommen zu dieser Großveranstaltung gerade für Neubetroffene ein Schritt ist, der riesengroße Überwindung kostet. Aber früher oder später tauen doch alle auf im Verlauf von vorsichtigen Einzelgesprächen oder kleinen Gesprächsgruppen, um sich für den Austausch von Sorgen, Nöten und Hoffnungen an den folgenden Tagen öffnen zu können.

Tanja Peters bei einem Interview.

Samstag:

Am Samstagmorgen trafen sich zunächst alle Großen und Kleinen im Plenum, denn die Begrüßung und Eröffnung war auf alle gleichermaßen zugeschnitten. Der AAD-Vorstand war sehr froh, dafür und für die Moderation der gesamten Veranstaltung wieder Tanja Peters gewonnen zu haben, die schon das letztjährige Ortsgruppenseminar in Hamburg mit viel Schwung moderiert hatte. Gleich zu Beginn startete sie mit einem Highlight. Zu ihrer persönlichen Geschichte gehörte nämlich auch eine Leidenszeit mit ausgefallenen Haaren; sie hatte jedoch das Glück, dass sie wieder nachgewachsen sind. Um ein kleines Stück Glück weiterzugeben stiftete sie ihre nun überflüssige Naturhaarperücke für die CT-Teilnehmerin, der sie am besten passt.

Anschließend wurden Sam Portakal und Kristina Reichert von ihrem Fanclub, den Kindern und Jugendlichen im Publikum begeistert begrüßt. Zur Einstimmung für die Neuen präsentierten sie ein Kurzvideo von ihren Workshops im Programm des Vorjahres-CT. Darauf aufbauend zeigte Sam noch einen besonderen Mutmacher aus ihrer Arbeit als Jugendtherapeutin in Wiesbaden. Ihre Jugendtherapiegruppen (lauter Nichtbetroffene) hatten ihr nämlich eine Video-Grußbotschaft an die AAD-Kids mitgegeben, die bei diesen riesengroße Freude auslöste. Nach diesem emotionalen Auftakt fiel es nicht schwer, die aufgeregte Schar mit leuchtenden Augen zu den verschiedenen Kinder- und Jugend-Workshops zu lotsen.

Mit viel Vorfreude und Interesse gingen dann aber auch die Erwachsenen in ihre Workshops und Gesprächskreise, die während des ganzen Tages angeboten wurden (z.B. Gesprächsrunden für neu Betroffene, praktische Tipps für den Umgang mit der AA im Alltag bis hin zu dem großen Erfahrungsschatz des AAD mit alternativen Therapiemöglichkeiten).

Nachdem in den letzten Jahren die medizinischen Vorträge der CT`s von den Themen Therapie und Genetik dominiert wurden, stand diesmal wieder der seelische Aspekt im Vordergrund. Dipl.-Psych. J. Frank aus dem „Z“ (Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim) berichtete in seinem Beitrag speziell über die neueste Datenlage zur Wechselbeziehung zwischen AA und Depression. Aufgrund vieler Studien der letzten Jahre stellte er fest, dass AA und Depression teilweise korreliert (also miteinander verbunden) sind, allerdings ist nach wie vor zu unklar, wie sie sich gegenseitig beeinflussen. Bei der Henne/Ei – Frage: was kommt zuerst, AA nach Depression oder Depression nach AA? lässt sich nach aktueller Studienlage nicht beschreiben, was wahrscheinlicher eintreten wird. Klar erkennbar ist nur, dass stark belastende Ereignisse per se ein Risikofaktor für die Entstehung von AA und/oder Depression sind.
Nach dem gemeinsamen Abendessen im Hotel bzw. in der Jugendherberge war bewusst kein Programmpunkt mehr geplant. So blieb genug Zeit und Gelegenheit, sich weiter auszutauschen und kennenzulernen.

Max Nods Vorsitzender der Alopecia Vereniging, Niederlande.

Sonntag:

Um dem gesamten Publikum einen Eindruck davon zu geben, wie weit die Vernetzung des AAD mit Nachbarländern vorangekommen ist, nutzten Max Nods aus den Niederlanden und Romina Rausch aus der Schweiz die Gelegenheit, ihre Vereine als Partner des AAD vorzustellen. In seinem launigen Vortrag beschrieb der 2. Vorsitzende der Alopecia Vereniging Max Nods – am 15. April 2017 zum 1. Vorsitzender gewählt – die Entwicklung seines Vereins, der 2015 schon 30jähriges Jubiläum hatte und inzwischen ca. 1500 Mitglieder besitzt. Inzwischen besteht ein Schwerpunkt der Vereinsarbeit aus starker Präsenz sowohl in klassischen Medien als auch im Hinblick auf die Jugend in den social media mit dem Ziel, das Wort Alopezia und alles was damit verbunden ist einer breiten Bevölkerung bekannt zu machen. Als Beispiel nannte er, dass sich die Vereinsvorsitzende Marion Kremer im niederländischen TV ohne Perücke outete. (Nebenbei: ähnlich bemerkenswerten Mut bewies Sam Portakal vor 2 Jahren in einer RTL-Sendung von Guido Maria Kretschmer.)
Sehr eindringlich beschrieb Romina Rausch, wie in der Schweiz noch sehr viel Aufbauarbeit zu leisten ist, bis eine vergleichbare Vereinsstruktur zu erkennen ist. Bisher existiert immerhin ein kleiner enthusiastischer Kern, der auf Facebook seine Hauptplattform hat. Der AAD e.V. hilft und unterstützt die Schweizer Schwester beim Aufbau ihrer Organisation. Ein Umfeld wie in unserem Land für die Finanzierung eines Selbsthilfevereins ist in der Schweiz leider nicht vorhanden. Spendenaktivitäten existieren nur sehr begrenzt und eine gesetzliche Verpflichtung der Krankenkassen zur Förderung der Selbsthilfe wie in unserem GKV-System (SGB 5 §20h) ist überhaupt nicht vorhanden. Immerhin sieht die individuelle Unterstützung beim Hilfsmittel Perücke besser aus: die eidgenössische Invalidenversicherung zahlt dafür 1500 sfr (ca. 1400 €), einen möglichen Restbetrag übernimmt die Krankenversicherung zu 75%.

Im Anschluss an diese Präsentationen gab es noch einen ausführlichen Workshop-artigen Block mit Gesprächsrunden für Kinder und Jugendliche sowie für Eltern
betroffener Kinder/Jugendlicher. Diese fanden bewusst in diskreter Atmosphäre in geschützten Räumen statt, damit sich die jeweiligen Teilnehmer ohne Beklemmungen einander öffnen konnten. In den praktischen Workshops konnten weiter Fähigkeiten z. B. beim Wimpern ankleben trainiert werden.
Zum Ende eines hochemotionalen CT2017 versammelten Tanja und Krissi dann eine Abschluss-Talkrunde vor dem Plenum. Hier konnte jeder noch sein persönliches Highlight der Veranstaltung beschreiben. So verkündete z.B. ein strahlender Luis, dass er an diesem Wochenende einen neuen Freund gefunden hat, der auch gleich neben ihm saß. Alle waren sich darin einig, dass dieses CT wieder ein Treffen der AAD-Familie mit ganz viel Herz war. Ergänzend dazu dankte die gesamte Runde Claudia und Freddy ausdrücklich für ihr riesiges Engagement mit ganz viel Herzblut während der monatelangen mühevollen Vorbereitungen. Claudia gab diesen Dank an alle fleißigen MithelferInnen weiter, denn ohne so viel ehrenamtliches Engagement und tatkräftige Mithilfe wäre so eine große Veranstaltung nicht durchführbar.

Herzlichen Dank der AOK für die finanzielle Unterstützung bei der Durchführung des Come together 2017!