Ursache und Diagnose von Alopecia Areata (AA) und Behandlungsmöglichkeiten

Fachleute nehmen an, dass es sich um eine Störung des Immunsystems handelt. Fest steht, dass die Haarzwiebeln von Entzündungszellen umgeben sind, die Stoffe absondern, welche das Haarwachstum behindern, bzw. ganz unterbinden.

In Bonn arbeiten Humangenetiker an der Entschlüsselung der genetischen Grundlagen dieser Erkrankung, die eine gewisse vererbbare Komponente aufweist. Bisher hat man neben dem HLA-Typ mehrere Kandidatengene im Visier, die auch bei anderen Autoimmun­erkrankungen wie Typ-1-Diabetes und Rheuma eine Rolle spielen. Inzwischen wurde die internationale Zusammenarbeit mehrerer Wissenschaftler auf diesem Gebiet gestartet, da es nur mit einem sehr großen Kollektiv von der DNA der Betroffenen möglich ist, ein derartiges Problem zu lösen.

Die GWAS (genomweite Assoziationsstudie), die durchgeführt wurde, hat bahnbrechende neue Erkenntnisse über Lokalisationen im menschlichen Genom, wo sich Genveränderungen finden könnten, die zum Ausbruch von Alopecia Areata führen geliefert. Die weitere Auswertung und Detailuntersuchung der Ergebnisse der GWAS wird die internationale Gruppe und die Genetiker in Bonn in näherer Zukunft beschäftigen. Es gibt weitere Arbeitsgruppen, die sich mit den Auslösefaktoren beschäftigen. Vermutet werden vier oder fünf Faktoren, die zusammentreffen müssen, damit sich die Antikörper bilden können. Bislang wurden dazu keine treffenden Veröffentlichungen bekannt. Vermutungen besagen, dass das Immunsystem auf Hochtouren laufen muss, um diese «falschen» Antikörper zu bilden.

Diagnose

Diese Krankheit wurde schon von Hippokrates beschrieben. Sie wurde damals Fuchskrankheit genannt, weil dem Fuchs die Fellhaare fleckenförmig ausfallen. Die Krankheit wird also nicht durch Umweltbelastungen verursacht. Auch für hormonelle Störungen gibt es keine Anhaltspunkte, denn diese Krankheit kommt bei Menschen unterschiedlichen Alters und Geschlechts vor.

Bei Kindern tritt Alopecia Areata vor allem im Alter von 3-12 Jahren auf. Bevor jedoch eine spezifische Behandlung begonnen wird, muss erst einmal die Diagnose der Alopecia Areata gesichert sein. Andere Erkrankungen wie zum Beispiel Pilzinfektionen der Kopfhaut (Tinea capitis), aber auch bewusstes oder unbewusstes Ausreißen (Trichotillomanie) oder Abschneiden der eigenen Haare (Trichotemnomanie) durch die Patienten selbst können einen kreisrunden Haarausfall vortäuschen. Im letzteren Fall liegen zumeist psychische Spannungen zugrunde, die in intensiven Gesprächen mit den Kindern aufgedeckt werden können.

Gibt es Heilungsmöglichkeiten?

Obwohl Alopecia Areata weltweit bekannt ist und enorme Anstrengungen unternommen werden, die Ursachen zu erforschen, wurde noch keine Therapie gefunden, welche die Krankheit ursächlich heilen kann.

Es gibt nur Symptomtherapien, unter denen es zu einer vollständigen Wiederbehaarung kommen kann. Sie können jedoch nicht verhindern, dass das Haar unter Umständen erneut ausfällt. Zwischen der Wieder­behaarung und erneutem Ausfall können ein halbes Jahr oder aber auch 30 Jahre liegen. Dies ist ganz unterschiedlich. Gegen die Folgen der Alopecia Areata, den Haarausfall, gibt es Therapien, die ganz unterschiedlichen Überlegungen folgen. Entweder man schwächt das Immunsystem so stark, dass es die Haare nicht mehr auszustoßen vermag, oder man versucht das erkrankte Immunsystem zu modifizieren, damit es von selbst den Haarausfall unterlässt.

Eine weitere Variante ist das Ablenkungssystem. Durch eine «leichte» Verletzung der Kopfhaut (leichte Rötung und Schuppung), die durch unterschiedliche Tinkturen hervorgerufen werden kann, wird das Immunsystem abgelenkt. Die Antikörper reparieren die Kopfhaut und inzwischen können sich die Haarwurzeln regenerieren. Die meisten Therapien führen bei mehr als 70 bis 75% der Betroffenen zu einer Wiederbehaarung. Die Spontanheilungsrate liegt ebenfalls bei 75% oder sogar 80%! Aus diesem Grund werden sämtliche Therapien kontrovers diskutiert.

Keine Therapie ohne Nebenwirkungen

Viele Hautärzte raten daher den Patienten abzuwarten. Für viele Betroffene unverständlich und schwer durchführbar. Gerade bei Kindern fällt es den Eltern schwer abzuwarten und dem Haarverlust zuzusehen. Hierbei kommen vielleicht jedoch Selbstheilungskräfte in Gang, die sonst unterdrückt werden würden. Bei verschiedenen Betroffenen konnte beobachtet werden, dass auch oder gerade ohne Therapie die Erkrankung vollständig abheilte. Nun muss hinzugefügt werden, dass Immunsuppressiva (Medikamente, welche die Funktion des Immunsystem vermindern) von uns in der derzeitigen Form der Behandlungs­möglichkeiten keine Option darstellen. Es wurden Hersteller dieser Medikamente auch befragt und wir erhielten die Auskunft, dass es auch aus der Sicht des Herstellers keine geeignete Medikamentation bei der AA ist. Andere Mediziner glauben, dass eine frühzeitige Behandlung hilfreich ist.

In Langzeitstudien wurde bisher dafür keine Begründung gefunden. Eine Studie besagt, dass nach Absetzen der Therapie der erneute Haarverlust sehr wahrscheinlich einsetzt. Als Kriterien für die Auswahl einer geeigneten Behandlung sind insbesondere das Alter der Kinder, die Dauer und die Ausprägung der Erkrankung sowie das eventuelle zusätzliche Vorliegen einer der oben genannten Krankheiten entscheidend. Zusätzlich muss jedoch auch das soziale Umfeld der Kinder berücksichtigt werden, also die Einbindung in die Familie und die Situation im Kindergarten oder in der Schule. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass die Aussichten auf einen durchgreifenden Erfolg der Therapie günstig sind bei: Kleinflächiger AA, einem Beginn der Erkrankung nach der Pubertät, einer Dauer unter einem Jahr und dem Fehlen weiterer Erkrankungen. Demzufolge ist eine Behandlung als schwieriger einzustufen in: Ausgeprägten, rasch voranschreitenden Fällen, einem Beginn vor der Pubertät, einer Dauer von länger als einem Jahr und dem Vorliegen von zusätzlichen autoimmunologischen Erkrankungen.

In akuten, also erst seit kurzem bestehenden und fortschreitenden, gering ausgeprägten Fällen der AA sollte zunächst nach Entzündungsherden im Körper gesucht werden, die zwar nicht als grundlegende Ursache, aber als mitauslösender Faktor in Frage kommen können. Wird hierbei z.B. eine chronische Mandel- oder Nasennebenhöhleninfektion gefunden, sollten diese behandelt werden, auch wenn dies nicht unbedingt zum Nachwachsen der haarlosen Areale führen wird. In der Behandlung der AA ist der Hautarzt der erste Ansprechpartner insbesondere in Hinblick auf die Stellung der Diagnose. Im weiteren Verlauf kann die Zusammenarbeit mit der Spezialsprechstunde einer Hautklinik notwendig sein, nicht zuletzt, da nicht alle Therapieformen in der Praxis eines niedergelassenen Arztes durchgeführt werden können. Sinnvoll ist eine Zusammenarbeit mit dem Kinderarzt, der die kleinen Patienten zumeist am besten kennt und z.B. bei der Suche nach Entzündungsherden von vornherein in die Behandlung mit eingebunden werden kann.