Mutter eines betroffenen Kindes – Erfahrungsbericht.

Plötzlicher Haarverlust der damals siebenjährigen Tochter. Diagnose: Alopecia Areata – und jetzt?

Die Kinderärztin verwies uns an den Hautarzt, der uns Isotrexin verschrieb, eine Salbe zur Behandlung der mittelschweren Akne. Die Liste der Nebenwirkung war so abschreckend, dass wir sie nie benutzt haben. Empfohlenes Alter für die Salbe 16 Jahre!

Nach einer Überweisung der Kinderärztin an die Uniklinik Homburg/Saar sollte unsere Tochter Joséphine mit Dapson behandelt werden. (Dapson wird u.a. zur Behandlung und Prävention bei Malaria und Lepra eingesetzt) Zu unserer Beratung kam die Chefärztin der Stationsärztin zu Hilfe, da ich diese Behandlung ablehnte. Diese reagierte sehr provokant:

«Wollen Sie ein Kind mit oder ohne Haare? »

Ich war wie gelähmt, total überfordert mit der Situation. Natürlich wollte ich, dass mein Kind wieder Haare bekommt, aber doch nicht um jeden Preis. Bin ich eine schlechte Mutter, wenn ich nicht auf die Ärzte sondern auf meinen Bauch höre? Eine Blutentnahme folgte. Joséphine hatte Angst, die ich ihr auch nicht nehmen konnte. Wir saßen im Wartezimmer, sie weinte still in sich hinein. Ich fühlte mich ohnmächtig, hilflos und verzweifelt. Ein Pfleger kam an uns vorbei, sah die weinende Joséphine und sprach sie an.

«Auf meiner Station muss kein Kind weinen!»

Joséphine erzählte ihm alles, wirklich alles, und dass sie Angst vor der Blutentnahme habe. Er nahm sie kurzentschlossen bei der Hand, ging mit ihr ins Stationszimmer und schenkte ihr ein Emla Zauberpflaster (Lokalanästhetikum) und ganz viel Mut! Seitdem lässt sie sich, wenn auch immer noch ungern, Blut abnehmen. Aber nur mit einem Zauberpflaster!

Für mich stand danach fest: «Das will ich nicht für mein Kind!»

Nach diesem Tag, habe ich den Entschluss gefasst, den AAD telefonisch zu kontaktieren. Die vielen Informationen über diese Erkrankung waren sehr wichtig und sehr hilfreich. Aber die herzlichen Worte von Frau Stenders waren das wesentliche für mich. Ich fühlte mich sehr gut aufgehoben, mit meinen Sorgen und meinen Ängsten. Gleichzeitig bestärkt darin auf mein Bauchgefühl zu hören und mir und meinem Kind zu vertrauen.

Joséphine verliert zwar ihre Haare, aber sie wird leben!

Wir beendeten den Ärztemarathon und versuchten die Erkrankung zu akzeptieren und wieder Alltag zu leben. Stück für Stück. Wir holten uns Unterstützung durch eine Kinder- und Jugendtherapeutin. Sie stärkt Joséphines «inneres Team» und bietet ihr einen Raum ohne Schuldgefühle uns gegenüber. Joséphine war 7 Jahre alt, als ihr die Haare ausfielen. Sie verstand nicht, warum ich soviel weinte und wir verzweifelt waren. Sie selbst war traurig und hatte Angst, überspielte dies aber vor uns. Sie wollte uns nicht zur Last fallen. Noch heute macht es mich manchmal traurig und ich wünsche mir, dass ich mit meinem Kind tauschen könnte. Aber ich kann es nicht ändern, es liegt nicht in meiner Hand.